Die Suche nach dem Sinn des Lebens.
Warum stehe ich eigentlich jeden Morgen auf? Diese Frage beantworten mir derzeit täglich meine Kinder. Dachte ich. Bis ich Anfang des Jahres mal wieder so übermüdet war, dass mein Körper mir gesagt hat, es sei doch einfach noch viel zu früh und Aufstehen jetzt überhaupt keine Option. Also habe ich mich nochmal umgedreht, um mit schlechtem Gewissen meinen Mann alles übernehmen zu lassen.
Als ich mich dann fünf Minuten später doch aus dem Bett gequält habe, folgte schon alles seinem alltäglich Lauf. Und ich schlaftrunken nebendran. Wie schon häufiger in den vergangenen Wochen dachte ich mir: “So kann das nicht weitergehen, ich möchte das nicht.“ Es nervte mich, ganz offen gesagt, dass gerade unter der Woche jeder Morgen gleich verlief, bis alle aus dem Haus sind. Und ich hatte, so wie an diesem Tag, keine Lust mehr dafür aufzustehen. Aber was tun? Schule, Arbeit, Kindergarten… alles feste Punkte, die sich nicht so einfach abändern lassen.
Was tun? Es lässt sich doch nicht ändern…
Nachdem jeder verräumt und ich alleine zuhause war, hatte ich das Gefühl, jetzt einfach was für MICH tun zu müssen. Deshalb setzte ich mich hin, holte die Notizen für meinen Debütroman heraus und stellte fest, dass ich für eine Nebenfigur noch einen japanischen Namen benötige. Einen mit Bedeutung, der zum Charakter passt. Super! Ich konnte im Internet surfen, musste meinen Kopf nicht all zu sehr anstrengen und tat gleich noch etwas für meine Geschichte.
War es die Autokorrektur oder schlichtweg ein Tippfehler, das Ergebnis zu “Japanische Neues“ half mir jedenfalls nicht bei meiner konkreten Suche nach Namen weiter. Dafür spuckte mir Herr Google aber in den Anzeigen etwas aus, was auf den zweiten Blick noch viel interessanter war: Ein Buch und ein Poster zu Ikigai…. I-KI-GAI. What?
Auf die Schnelle konnte ich in Erfahrung bringen, dass Ikigai grob übersetzt „das, wofür es sich zu leben lohnt“ bedeutet (Quelle: Wikipedia). Oh nö, schon wieder so ein neuer Trend, bei dem die alt bekannte Suche nach dem Sinn des Lebens einfach mit schickem Fremdwort versehen wird und all die jungen Hippster denken, sie hätten das Rad neu erfunden. Ich kann das nicht leiden. Folgt man dem, wird man in eine Schublade gepackt und muss sich – so geht es zumindest mir – ständig fragen, ob man nicht nur auf einen Trendzug aufgesprungen ist, der einen inhaltlich überhaupt nicht weiter bringt.
Ein Blick auf Amazon. Gemessen an der Menge an gelisteten Bücher liegt die Vermutung durchaus nahe, dass die Suche nach dem persönlichen Ikigai gerade trendet. Besonders in unsicheren Zeiten wie momentan sucht der Mensch eben Halt und Erklärungen. Ich habe mir einige Leseproben sowie Kindle Unlimited Bücher angesehen und fand das Ganze dennoch irgendwie interessant. Trend hin oder her wollte ich herausfinden, was hinter diesen schönen japanischen Schriftzeichen verbirgt. Und wenn es nur war, um sicher zu gehen, dass ich nicht doch etwas verpasse.
Manches im Leben erwischt einen, wenn man am wenigsten damit rechnet.
Die meisten digitalen Bücher habe ich schnell wieder zugeschlagen, weil mich die Aufmachung schon nicht angesprochen hat. Ja, ich gebe es zu… auch für mich sind Layout und Buchsatz maßgeblich beitragend zur Kaufentscheidung. In meinem Leben, namentlich im Studium, musste ich mich einfach schon durch zu viele Bücher quälen, deren äußerliche Aufmachung mir Schmerzen bereitet hat. Zum Glück habe ich nicht gleich aufgegeben und bin noch auf “Entdecke Dein Ikigai – Mit persönlicher Weisheit den Sinn des Lebens finden“ von Bettina Lemke (erschienen im dtv Verlag, unbezahlte Werbung) gestoßen. Optisch Liebe auf den ersten Blick. 💕
Eine Sache, die ich zuvor schon im Internet entdeckt hatte, brachte mich dazu, mich tiefer mit der Sache zu beschäftigen: Ikigai bedeutet nicht nur Sinn des Lebens mit der Bedeutung, dass man etwas findet, das einem liegt und bei dem man Spaß hat. Viel mehr besteht es aus vier Themenbereichen, die im o.g. Buch im Einleitungsteil (S. 20) schön aufgelistet werden.
Hiernach setzt sich unser persönliches Ikigai zusammen aus:
- Dinge, die wir sehr gerne tun
- unsere Stärken oder das, was wir gut können
- die Dinge, für die wir bezahlt werden/ werden könnten oder für die wir eine Gegenleistung von anderen erhalten können
- Dinge, die die Welt braucht
Etwas tun, das einem Spaß mach, Geld in die Kassen spült und dann auch noch sinnvoll für die Welt ist? YAY, die eierlegende Wollmilchsau. Volltreffer! Bisher fehlten mir bei der klassischen Sinnsuche die letzten beiden Komponenten. Sie war viel mehr auf Punkt 1 und 2 konzentriert und führte höchstens im nächsten Schritt dazu, sich einen entsprechenden Job zu suchen. Wenn es einen solchen denn gibt.
Da ich im Augenblick mit meinem Leben soweit zufrieden bin, mich aber beruflich neu orientieren möchte (hach, wie gestochen toll das klingt für: Bin noch bei den Kindern daheim und möchte nicht zurück zu dem, was ich vorher gemacht habe oder vor hatte zu tun) beschloss ich Ikigai eine Chance zu geben und kaufte das Buch von Frau Lemke. Wie so viele zuvor landete es zunächst auf meinem Stapel ungelesener Bücher. Zeit zum Lesen habe ich ja eh nie. Zumal wir letztes Jahr erst umgezogen sind und noch immer so viel zu tun ist. Klar, oder?
Ein knappes Viertel Jahr später – vor gut zwei oder drei Wochen – kam ich wieder nicht aus dem Bett. Ich wollte ja, aber mein Körper… nein, das ist gelogen. Ich wollte nicht. Punkt. Jeden Morgen der gleiche Summs, ich mag nicht mehr. Nein, nein, nein!
Zum Glück hatte ich keine Termine an diesem Vormittag. Unser Zuhause wollte aufgeräumt werden und die Wäsche… ach, die arme Wäsche. So ein Leben im Wäschekorb hat sie wirklich nicht verdient. Wo wir doch so schöne Schränke haben!
Beim Beseitigen des Spielzeugtowhouwabohus fiel mir „Ikigai“ wieder in die Hände. Zwischen ein paar Kinderbüchern hatte sich das Buch, das ich immerhin schon fein säuberlich mit einem Lesezeichen versehen hatte, versteckt und auf mich gewartet. Bestimmt hatte ich es zuvor schon ein paar mal liegen gesehen aber nicht beachtet. Doch an diesem Tag passte es einfach.
Ungeachtet des Staubsaugers, der ungebügelten Hemden und ein paar andern Aufgaben habe ich mir Zeit genommen und angefangen den Einleitungsteil zu lesen. Der Rest folgte am Abend, nachdem die Kinder im Bett waren. Seitdem bin ich auf der Suche. Der Suche nach meinem persönlichen Ikigai.
Reisen bedeutet sich Zeit nehmen und neue Erfahrungen sammeln.
Ich bin mit dem Übungsteil noch nicht fertig, muss auch nicht sein. Für eine Reise benötigt man Zeit. Die Zeit die ich mir vorgenommen habe, sie jetzt einzuräumen. Aber ich habe bereits die ersten Schritte getan und Bestätigung gefunden, dass meine Familie einen wesentlichen Teil meines Ikigais ausmacht. Sie macht mich glücklich und erdet mich zugleich.
Genauso das Schreiben. Das ist auch mein Ansatzpunkt dafür, was ich künftig beruflich machen möchte: Bücher schreiben und alles was außen herum so dazu gehört – Kontakte knüpfen, mich weiterbilden, Social Media. Und mich auf all die Dinge freuen, von denen ich heute noch nichts weiß. Dazu werde ich allerhand Hilfe brauchen, die ich mir jetzt suche. Denn allein mit dem Schreiben einer Geschichte ist es noch nicht getan.
Wenn es Dich interessiert, wie es weiter geht und wie es so ist, einen Roman zu schreiben, dann begleite mich doch einfach. Hier, auf Instagram oder bei Facebook. Ich würde mich freuen wie Bolle!
Deine Charlie.
Ach ja: Ich stehe mittlerweile in der Früh noch immer nicht gerne auf. Weil ich schon seit jeher eher eine Eule bin: Gerne lange wach, dafür dauert es morgens etwas länger. Aber ich bin nicht mehr so genervt vom alltäglichen Trott. Weißt Du warum? Weil ich begriffen habe, dass ich tagsüber einen Ausgleich zu den täglichen Routinen brauche, um entspannter zu sein. Immer dasselbe macht mich wahnsinnig.
Ist doch prima, dass sich das mit einer Karriere als Schriftstellerin so gut vereinbaren lässt, oder? 😉